Urig, gemütlich und einzigartig: Zoigl-Bier in Neuhaus wird 600 Jahre alt
Schutzgemeinschaft und Bierfans planen süffiges Jubiläumsjahr
Zoigl – eine Tradition wie diese gibt es nirgendwo sonst in Europa. Sogar die Post hat dieser Besonderheit unverfälschter Oberpfälzer Bierkultur im Herbst 2014 eine eigene Briefmarke gewidmet, rechtzeitig zum 600. Geburtstag der Zoigl-Tradition 2015. Fast ein Dutzend Wirtshäuser machen den kleinen Ort Neuhaus im Landkreis Neustadt an der Waldnaab zu einem mit der höchsten Gastronomie-Dichte in Nordbayern. Für diese beeindruckende Anhäufung sorgt vor allem ein besonderes Bier, das heuer ein erstaunliches Jubiläum feiert: Seit 600 Jahren wird in Neuhaus Zoigl gebraut. Der Zoigl ist 101 Jahre älter als das bayerische Reinheitsgebot, das 1516 eingeführt wurde. Sechs Zoigl-Wirtschaften gibt es in einem Umkreis von wenigen Metern, allein fünf davon auf dem Marktplatz. Zoigl-Wirtshäuser haben nicht immer geöffnet. Sie halten sich exakt an den Zoigl-Kalender, in dem aufgelistet ist, wer sein Gerstenmalzgetränk wann anbieten darf. Etwa zehnmal im Jahr ist der „Schoilmichl“ an der Reihe, immer vier Tage übers Wochenende. Er und die anderen Neuhauser Zoigl-Wirtschaften Bahler, Käckn, Lingl, Teicher und Schafferhof schenken natürlich ausschließlich original Zoigl mit dem Qualitätssiegel „Echter Zoigl vom Kommunbrauer“ aus – und jedes Bier schmeckt ein bisschen anders, weil jeder Brauer sein eigenes Rezept hat. Der Zoigl wird im Kommunbrauhaus als Produkt einer Gemeinschaft brauender Bürger gebraut. Die Wirtsstube im Schoilmichl war früher ein Kuhstall. Vielleicht ist es ja genau deshalb so gemütlich, meint Zoigl-Wirt Manfred Punzmann, der seit fast 40 Jahren seinen Zoigl braut und ausschenkt. Der Besuch einer gemütlichen Zoigl-Wirtschaft hat viel von einem Familien- oder Freundestreffen. Da sitzt der Manager neben dem Lagerarbeiter, Jung neben Alt. Spontan werden ein Schifferklavier oder die Steirische ausgepackt, dann wird es richtig lustig. Und zu einer echten Zoiglrunde gehört auch das „Du“ am Tisch, den man aber nicht reservieren kann. Man sitzt, wo Platz ist. Um diese Originalität zu schützen, zog die „Schutzgemeinschaft Echter Zoigl vom Kommunbrauer“ sogar vor Gericht, um sich die Bezeichnung „Zoigl“ patentieren zu lassen. Leider ohne Erfolg, doch Norbert Neugirg von der Schutzgemeinschaft betont: „Die Leute wissen ganz genau, wo man den echten Zoigl bekommt und wie er schmeckt“. Bierfans dürfen sich auf einen ganz besonderen Tag im Herbst 2015 freuen: Am 3. Oktober werden alle Zoiglstuben und Gaststätten gemeinsam den 600. Geburtstag des Zoigl-Biers feiern und gleichzeitig geöffnet haben. Auch das Gemeinschafts-Brauhaus ist für Besichtigungen freigegeben. Zoigl-Bier hat Kultstatus erreicht – auch ohne Patent. Und das muss gefeiert werden! Das Jubiläumsprogramm und weitere Hintergrundinfos: www.xx.de